Band 80:

Orozco Ortiz, J.M. (2021): Insights into the genesis of Amazonian Anthrosols: the role of ceramic sherds and flies during the early stages of Terra Preta formation. 146 S., 15,- €

Kurzfassung Band 80

Orozco Ortiz, J.M. (2021): Insights into the genesis of Amazonian Anthrosols: the role of ceramic sherds and flies during the early stages of Terra Preta formation. 146 S.
Kurzfassung

Das Vorkommen präkolumbianischer, vom Menschen geschaffener Böden im Amazonasbecken, meist bekannt als Terra Preta (TP), ist eine der faszinierendsten Fragen, die in der Archäologie und Bodenkunde des Amazonas noch zu beantworten sind. Diese Böden, die sich durch eine hohe Nährstoffkonzentration, eine dunklere Farbe und das reichliche Vorhandensein von Keramikscherben auszeichnen, stammen aus alten Abfalldeponien oder Abfallhaufen. Die spezifischen biologischen oder kulturellen Prozesse, die zur der Entstehung dieser Böden führten, sind jedoch noch unbekannt. Deshalb untersuchte ich, ob und in welchem Umfang Keramikscherben und Insekten unter den im Amazonasbecken vorherrschenden Bedingungen zum Abfallumsatz und der daraus folgenden Freisetzung von Nährstoffen in den Boden beitragen und somit mit der Entstehung der TP-Böden im Zusammenhang stehen könnten. Im Einzelnen untersuchte ich (i) die Eigenschaften von vier TP-Böden im Vergleich zu den angrenzenden Böden (ADJ), (ii) prüfte, ob und in welchem Ausmaß das Vorkommen von Keramikscherben die Dichte der in den Abfallhaufen vorhandenen Nutzfliegenlarven und die nachfolgende Akkumulation von Nährstoffen im Oberboden unter tropischen Bedingungen beeinflusst und (iii) quantifizierte in einem Gewächshausversuch, wie schnell die potenziellen Zielorganismen, die Larven der Schwarzen Soldatenfliege (BSFL) (Hermetia illucens (L.) Dipt.: Stratiomyidae), künstliche Böden mit Keramikscherben und Abfallablagerungen homogenisieren können.

Ich habe (i) drei TP-Standorte in der mittleren Caquetá-Region und einen TP-Standort in der Nähe der Hauptstadt des Amazonasgebiets von Kolumbien, Leticia, bis zu einer Tiefe von 60 cm ausgegraben und beprobt, um die Auswirkungen der präkolumbischen Aktivität auf die Eigenschaften der Böden im Amazonasgebiet zu beurteilen. Die Bodenproben sowohl für TP- als auch für Referenzböden wurden aus verschiedenen Tiefen entnommen (0-10, 10-20, 20-40, 40-60 cm). Darüber hinaus sammelte ich (ii) Marktabfälle in der Stadt Leticia, die wöchentlich in rekonstruierte Abfallhaufen mit und ohne Keramikscherben gelegt wurden; auf der Keramikoberfläche gefundene Fliegeneier wurden gesammelt, bis zum Erwachsenenalter bebrütet und identifiziert. Ferner wurde die Larvendichte gemessen, sowie eine Probe des Oberbodens für jede der Behandlungen und des umgebenden Bodens nach zehn Monaten der Abfallzersetzung entnommen. In Deutschland fügte ich (iii) während eines vierwöchigen Gewächshausversuchs kleine zerbrochene Keramiktöpfe mit zwei Abfallmodellen und BSFL einem Sandboden hinzu und bestimmte die Bioturbation und Nährstoffeinarbeitung. 

In allen Experimenten bestimmte ich die Beziehung zwischen Bodeneigenschaften und den kulturellen und biologischen Transformationen, die in den Boden/Abfallmatrizen stattfinden, indem ich die physikalischen (Bodentextur, Schüttdichte) und chemischen (pH-Wert, gesamter organischer Kohlenstoff (TOC) und Gesamt-N) Eigenschaften analysierte. Ich konzentrierte mich auf die Konzentration und Bioverfügbarkeit von Phosphor (P), da P reichlich in TP vorkommt, aber in stark verwitterten, sauren Böden in den Tropen normalerweise erschöpft ist. Mit Hilfe einer sequentiellen Extraktion bestimmte ich Phosphorfraktionen nach einer modifizierten Hedley-Extraktion durch Tiessen und Moir. Gehalte an schwarzem Kohlenstoff (BC) und Aminozuckern wurden als Biomarker für kulturelle (z.B. Entsorgung von Holzkohle in Abfallhaufen) und natürliche (z.B. von Pilzen und Arthropoden produziertes Chitin) Einflüsse in den Bodenmaterialien verwendet.

Die Ergebnisse bestätigten (i), dass sich die Bodeneigenschaften der vier kolumbianischen TP-Standorte deutlich von den umgebenden typischen Böden unterschieden, was auf menschliche Aktivitäten hindeutet, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, wie die Bodeneigenschaften, die Häufigkeit von Keramikscherben und die BC-Konzentration in verschiedenen Tiefen belegen. Die TP-Böden waren im Vergleich zu den angrenzenden Standorten auch in SOC- und P-Pools angereichert. Bei der Untersuchung rekonstruierter Abfallhaufen im Amazonasgebiet entdeckte ich, dass (ii) Keramik auf organischen Abfallhaufen für wilde Populationen nützlicher Fliegen als optimales Material zur Eiablage diente, wodurch die Dichte der Larven unter Keramik im Vergleich zu den Abfallhaufen ohne Keramik deutlich erhöht wurde. Ich fand auch heraus, dass die Wechselwirkung zwischen Keramik und Fliegen die Oberbodeneigenschaften innerhalb kurzer Zeit in der Reihenfolge Böden-mit-Keramik > Böden-ohne-Keramik > ADJ signifikant verändert. Die Konzentrationen der P-Fraktion änderten sich in die gleiche Richtung, insbesondere die verfügbaren Formen von P sowie Ca-gebundenes Pi wurden in Varianten mit Keramikscherben angereichert. Aufgrund der heterogenen Natur der Marktabfälle und der unterschiedlichen Larvendichten in den einzelnen Abfallhaufen blieben erhebliche Unterschiede in den Bodeneigenschaften der Feldwiederholungen bestehen. Die Verwendung homogener Abfallmodelle auf einem künstlichen Boden unter kontrollierten Bedingungen erlaubte es mir zu beobachten, dass (iii) die BSFL organische Abfälle schnell verbrauchten, indem sie Keramikfragmente bereits innerhalb eines Tages vergruben, während sie einen biologisches Material mit neuartigen Bodeneigenschaften schufen, welches sich vom ursprünglichen Ausgangsmaterial und den Kontrollen ohne BSF Larven unterschied. Ich fand keine Unterschiede zwischen den Aminozuckerverhältnissen in den BSFL-Proben im Vergleich zu dem Material ohne die Larven; daher war eine Unterscheidung zwischen dem Beitrag von Pilzchitin und Insektenchitin nicht möglich.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Interaktion von Keramikscherben und Fliegen eine ökologische Verbindung zwischen Insekten und Boden darstellt, die noch nie zuvor beschrieben wurde. Dies wirkt sich auf die Zersetzung organischer Abfälle aus, bringt Nährstoffe in den Oberboden ein und schafft ein biologisches Material, welches den Bodeneigenschaften ähnelt, die an den untersuchten TP-Standorten gefunden wurden. Obwohl hochspekulativ, positionieren meine Ergebnisse das Keramik-Fliegen-Modell als ein sparsames, umfassendes und neuartiges Paradigma im Kontext der TP-Genese.

Abstract Band 80

Orozco Ortiz, J.M. (2021): Insights into the genesis of Amazonian Anthrosols: the role of ceramic sherds and flies during the early stages of Terra Preta formation. 146 S.
Abstract

The occurrence of Pre-Columbian human-made soils in the Amazon basin, most commonly known as Terra Preta (TP), is one of the most intriguing questions still to be answered in Amazon archaeology and soil sciences. Characterized by high nutrient concentration, darker color, and the abundant presence of ceramic sherds, these soils originated from ancient waste disposal sites or middens. Still, the specific biological or cultural processes in their formation remain unknown. Therefore, I assessed whether and to what extent ceramic sherds and insects contribute to the turnover of waste and the subsequent incorporation of nutrients into the soil in an Amazon and TP formation context. Specifically, (i) I studied the properties of four TP soils in comparison to the adjacent soils (ADJ), (ii) tested whether and to which degree the presence of ceramics affects the density of beneficial fly larvae present in middens and the subsequent accumulation of topsoil nutrients under tropical conditions, and (iii) quantified how rapidly the potential target organisms, larvae of the Black Soldier Fly (BSF) (Hermetia illucens (L.) Dipt.: Stratiomyidae), can homogenize artificial soil with ceramics and waste deposits in a greenhouse experiment.

I excavated and sampled (i) three TP sites in the middle Caquetá region and one TP site near the capital of the Amazon region of Colombia, Leticia, to a depth of 60 cm to assess the effect of pre-Columbian activity on the properties of Amazonian soils. The samples consisted of soils at different depths (0-10, 10-20, 20-40, 40-60 cm) for both TP and reference soils. Further, I (ii) gathered market waste in the city of Leticia that was placed weekly in reconstructed middens with ceramics and without ceramics; fly eggs found on top of the ceramic surface were collected, incubated to adulthood and identified. Further, larval density was measured, followed by a sample of the topsoil for each of the treatments and the surrounding soils after ten months of waste decomposition. In Germany, during a four-week greenhouse experiment, I (iii) added small broken ceramic pots with two waste models and BSFL to sandy soil and monitored bioturbation and nutrient incorporation. 

In all experiments, I determined the relationship between soil properties and the cultural and biological transformations occurring in the soil/waste matrices by analyzing the physical (soil texture, bulk density) and chemical (pH, Total Organic Carbon (TOC) and total N) properties. I focused on Phosphorus (P) concentration and bioavailability, since P is abundantly found in TP but is usually depleted in highly weathered, acid soils in the tropics. Using a sequential extraction, I determined phosphorus fractions following a modified Hedley extraction by Tiessen and Moir. Black Carbon (BC) and amino sugar analyses were used as biomarkers related to cultural (e.g., charcoal disposal in middens) and natural (e.g., chitin produced by fungi and arthropods) transformations in the soil materials.

The results confirmed (i) that the soil properties of the four Colombian TP sites were distinctly different from the surrounding typical soils, pointing to human activity, albeit in different magnitudes as evidenced by the soil properties, the abundance of broken ceramics and BC concentration at different depths. The TP soils were also enriched in SOC and P pools relative to adjacent sites. When studying contemporary waste middens in the Amazonian setting, I discovered that (ii) ceramics on top of organic waste heaps served as an optimal material for wild populations of beneficial flies to lay eggs, thus significantly increasing the density of larvae under ceramics compared to the waste heaps without ceramics. I also found that the ceramic-flies interaction significantly alters the topsoil properties within short periods in the order soils-with-ceramics> soils-without-ceramics > ADJ. The P fraction concentrations changed in the same direction, especially most available forms of P as well as Ca-bound Pi were enriched below the ceramics. Substantial intra-site differences in the soil properties remained due to the heterogenic nature of market waste and the different larval densities found in each midden. The use of homogeneous waste models on top of an artificial soil under controlled conditions allowed me to observe that (iii) BSF larvae rapidly consumed organic waste, moving and burying ceramic fragments already within one day while creating a faunalmantle with novel soil properties different to the original parent material and the controls without the BSF larvae. I did not find differences between aminosugar ratios in the BSF samples when compared to the material without the larvae; therefore, a distinction between fungal chitin and insect chitin contribution was not possible.

In summary, the ceramic-fly interaction represents an ecological link between insects and soil that was never described before, which affects organic waste decomposition, incorporating the nutrients into the topsoil, and creating a faunalmantle that resembles the soil properties found in the studied TP sites. Although highly speculative, my results position the ceramic-fly model as a parsimonious, inclusive, and novel paradigm in the context of TP genesis.

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