Band 5:

Strauß, R. (1992): Mechanismen der Phosphatbindung durch Goethit. Phosphatadsorption und -diffusion in Abhängigkeit von der Goethitkristallinität. 284 S., 77 Abb., 50 Tab., Preis: 16,- EUR.

Zusammenfassung Band 5

Strauß, R. (1992): Mechanismen der Phosphatbindung durch Goethit. Phosphatadsorption und -diffusion in Abhängigkeit von der Goethitkristallinität.

Zur Untersuchung der Mechanismen der Phosphatbindung durch Goethit wurden acht unterschiedliche Goethite synthetisiert und mit Hilfe verschiedener Verfahren untersucht. Die Herstellung der Goethite umfaßte die Fällung von Fe(NO3)3-Lösungen mit NaOH und anschließende Alterung bei variierenden Temperaturen und Al-Konzentrationen über unterschiedliche Reaktionszeiten. Ein Al-freier Goethit wurde zusätzlich hydrothermal behandelt (20 x 1 h bei 150°C und 2,8 bar). Ferner erfolgte die Herstellung eines Goethites durch Oxidation einer FeCl2-Lösung mit Luftsauerstoff in Anwesenheit von Bicarbonat und die Synthese eines Ferrihydrites durch sehr schnelle Fe-Fällung aus Fe(NO3)3 und anschließende Gefriertrocknung.

Die röntgenographische Untersuchung der Oxide ergab - mit Ausnahme des Ferrihydrites - in allen Fällen ausschließlich Goethitreflexe. Beim Ferrihydrit zeigte sich keine Linie. Das Spektrum der spezifischen Oberfläche der Goethite reicht von 18 bis 132 m² g-1 (Ferrihydrit 199,7 m² g-1). Die Ergebnisse des BET- und des EGME-Verfahrens zur Bestimmung der spezifischen Oberfläche stimmen sehr gut überein. Raster- und transmissionselektronenmikroskopische Aufnahmen (REM, TEM) lassen leistenförmige Partikel erkennen, deren Größe mit zunehmender spezifischer Oberfläche der Goethite abnimmt. Die Kristalle setzen sich aus Kristalliten (Domänen) zusammen. Die Größe der Domänen steigt mit der durchschnittlichen Partikelgröße an, während die Anzahl der Domänen je Kristall gleichzeitig absinkt. Die mit Hilfe der SCHERRER-Formel aus den Halbwertsbreiten berechneten durchschnittlichen Kristallausdehnungen (DKA) entsprechen der Größe der Domänen und nicht den Größen der Kristalle. Strukturdefekte treten offensichtlich vor allem an den Domänengrenzen auf. Darauf deutet auch hin, daß durch die hydrothermale Behandlung eines Goethits die Kristallgröße nicht abnahm, wohl aber die spezifische Oberfläche sowie die Anzahl der Domänen, und der Kristallwassergehalt mit der spezifischen Oberfläche eng korreliert ist. Der Ladungsnullpunkt (LNP) der Oxide wurde als Nettoladungsnullpunkt (PZNC), Punkt ohne Salzeffekt (PZSE) und TitrationsladungsnulIpunkt (PZT) mit NaNO3 und CaCl2 als Begleitelektrolyten bestimmt. Die Ladungsnullpunkte lagen in Abhängigkeit vom verwendeten Begleitelektrolyten in NaNO3 bei pH 7 und in CaCl2 bei pH 6,5. Dieser Unterschied wird durch die gegenüber Na+-Ionen größere Affinität der Ca2+-Ionen zur Goethitoberfläche verursacht. Die Unterschiede zwischen den LNP-Bestimmungsmethoden waren bei gleichem Begleitelektrolyten nur gering. An die Oberflächenladungskurven, die bei der Bestimmunge des PZT und PZNC anfielen, konnte das variabie surface charge-variable surface potential-Modell (vsc-vsp-Modell) von BOWDEN et al. (1977, 1980) erfolgreich angepaßt werden. Hierbei zeigte sich, daß die Kapazität zwischen der Oberfläche und der Ebene der indifferenten lonen mit zunehmender spezifischer Oberfläche der Goethite ansteigt. Dies deutet darauf hin, daß die Oberfläche mit sinkender Kristallinität der Oxide unebener wird.

Die Phosphatadsorptionsuntersuchungen wurden als Reihenversuche bei einem Feststoff-Lösungsverhältnis von 1:500 durchgeführt. Dabei wurden Suspensionen aller neun Oxidproben auf pH-Werte zwischen 2 und 11 eingesteIlt und P-Lösungen unterschiedlicher Konzentration zugegeben. Die Versuche fanden in 0.01 M NaNO3 als Begleitelektrolyten bei Temperaturen von 5, 20 und 40°C, zugesetzten P-Konzentrationen von 10 und 20 mg P.l-1 über Reaktionszeiten von einer halben Stunde bis sechs Wochen statt. Daneben wurden bei 20°C Versuche mit unterschiedlichen Ausgangskonzentrationen (0,5 bis 90 mg P.l-1) über eine Reaktionszeit von 1 h durchgeführt, um die initiale P-Adsorption zu erfassen. Ferner wurde die P-Adsorption eines Goethites nach dreitägiger Reaktionszeit bei 20°C und verschiedenen zugesetzten P-Konzentrationen ermittelt.

Wie die Ergebnisse zeigen, läßt sich die Phosphatadsorption in eine Oberflächenadsorption (initiale Adsorption) und anschließende Diffusion in das Innere der Partikel unterteilen. Als Maß für die initiale Adsorption wurde eine Reaktionszeit von 1 h gewählt. Die Phosphatadsorption ist sehr stark pH-abhängig. Daher wurden für die Erstellung von "Adsorptionsisothermen" (Q/I -Beziehungen) für definierte pH-Werte interpolierte Daten verwendet. Bei allen Goethiten und dem Ferrihydrit lassen sich die Daten am besten durch die TEMKIN-Isotherme anpassen. Die Qualität der Anpassung anderer Isothermen nahm in der Reihenfolge FREUNDLICH, Zweiterm-LANGMUIR, LANGMUIR ab. Die Dreiterm-LANGMUIR- und die Zweiterm-FREUNDLICH-Isotherme ergaben keine mechanistisch sinnvollen Parameter.

Das pH-abhängige Adsorptionsmaximum liegt für Goethite bei pH 2. Mit zunehmender spezifischer Oberfläche steigt die maximal adsorbierbare P-Menge an. Die auf die Oberfläche bezogene maximale Adsorptionskapazität bei pH 2 beträgt durchschnittlich 3.22 (mol.m-2; lediglich bei dem hydrotherma] behandelten Goethit liegt sie beträchtlich unter diesem Wert (2.43 µmol.m-2). Da die Kristallgröße durch die Hitzebehandlung nicht beeinflußt wird, muß der Unterschied in der kleineren inneren Oberfläche begründet liegen. Diese Ergebnisse machen deutlich, daß Phosphat auch im Innern der Kristalle gebunden wird.

Durch die Anpassung der Adsorptionsdaten mittels des vsc-vsp-Modells wird gezeigt, daß die Adsorption von der Aktivität der zweiwertigen HPO-2-Ionen in der Lösung abhängt. Um die Eigenschaften der Adsorptionsstellen zu untersuchen, wurde die Oberflächenaktivitätsfunktion herangezogen. Die Oberflächenaktivitätsfunktion berücksichtigt den Einfluß sowohl der Ionenspeziierung in der Lösung als auch des Oberflächenpotentials auf die P-Adsorption. Dadurch können alle Adsorptionsdaten eines Oxides für eine definierte Reaktionszeit, auch wenn sie bei unterschiedlichen pH-Werten gemessen wurden, in einer einzigen Adsorptionsisotherme vereinigt werden. Mit Hilfe der Oberflächenaktivitätsfunktion wurde gezeigt, daß die Adsorptionsstellen, die Phosphat nach einer Reaktionszeit von einer Stunde binden, keine Heterogenität aufweisen. Nach dreitägiger Reaktionszeit nimmt die freie Energie der Adsorption linear mit der Oberflächenbedeckung ab. Die Ursache hierfür ist vermutlich eine sterisch bedingte Heterogenität der Adsorptionsplätze; denn die Phosphationen vermögen in Mikroporen einzudringen und weisen dann dreidimensional ausgerichtete Bindungen zur inneren Oberfläche auf.

Die zeitabhängige Adsorption ist durch ein Adsorptionsmaximum gekennzeichnet, das bei den verschiedenen Goethiten in Abhängigkeit von der Kristallinität nach unterschiedlichen Reaktionszeiten (acht Stunden bis drei Wochen) erreicht wird und mit abnehmendem pH-Wert ansteigt. Für die Beschreibung der Abhängigkeit der adsorbierten P-Menge von der Reaktionszeit wurde ein Gleichungssystem angewendet, bei dem die initiale Adsorption einer Kinetik zweiter Ordnung entspricht und die Oberflächenadsorption eine Diffusion in Poren induziert. Da zuerst die größeren Poren gefüllt werden und diese teilweise blind enden können, wurde angenommen, daß die Diffusionskonstante mit zunehmender Reaktionszeit sinkt. Hierbei erwies sich eine exponentielle Abnahme als günstig. Durch diese Annahmen konnten die Kurvenverläufe sehr gut erklärt werden.

Die Phosphatadsorption durch Eisenoxide verläuft mit steigender Temperatur schneller, erreicht aber immer das gleiche Ausmaß. Mit Hilfe des Zusammenhanges zwischen der Diffusionsgeschwindigkeit und der Reaktionstemperatur kann die Aktivierungsenergie der Diffusion ED berechnet werden. Hierfür wurde die um einen zeitabhängigen Term und die ARRHENIUS-Gleichung erweiterte FREUNDLICH-Isotherme herangezogen. Die Aktivierungsenergie liegt zwischen 20 und 100 kJ.mol-1. ED sinkt mit steigender spezifischer Oberfläche. Außerdem nimmt ED mit steigendem pH-Wert zu. Wegen des sprunghaften Anstiegs von ED mit anschließender Plateaubildung im pH-Bereich der pK-Werte der Phosphorsäure wird angenommen, daß die Zunahme von ED mit dem pH-Wert ihre Ursache in der Ionenspeziierung sowohl in der Lösung als auch an der Oberfläche hat.

Um die an der Oberfläche von den im Kristallinnern gebundenen P-Anteilen trennen zu können, wurden außerdem Auflösungs- und Desorptionsuntersuchungen durchgeführt. Die Untersuchungen zur Auflösung der Goethite umfaßten zunächst eine P-Adsorptionsphase bei pH-Werten zwischen 3 und 8, Temperaturen von 20 bis 90°C und einer Reaktionszeit von einer Woche. Danach wurden die Proben in mehreren Schritten mit Hilfe von 5 M HCl aufgelöst und die hierbei freigesetzten Mengen an P und Fe gemessen. Auch bei den Desorptionsuntersuchungen fand zunächst eine P-Adsorption statt (Temperatur: 40°C, pH-Werte: 2 bis 11, Zeit: 1 Woche). Dann wurden die Proben einer halbstündigen NaOH-Behandlung unterzogen und die hierbei freigesetzte P-Menge bestimmt.

Die Ergebnisse der Auflösungs- und Desorptionsuntersuchungen zeigen, daß Phosphationen in das Innere der Goethite eindringen. Die Heterogenität der Adsorptionsstellen kann demnach sterisch bedingt sein, indem die Bindungen in Mikroporen in die drei Raumrichtungen weisen können. Die Eindringtiefe der Phosphationen hängt stark von der Kristallinität der Oxide ab, während der pH-Wert kaum einen Einfluß auf die diffundierende Menge hat. Beträchtliche P-Anteile werden im Innern der Goethite und des Ferrihydrites gebunden. Die P-Freisetzung in Abhängigkeit vom gelösten Fe-Anteil nimmt zunächst sehr schnell ab und geht dann in einen Kurvenast mit geringerer Steigung über, so daß eine Zweiteilung der P-Mengen - in einen an der Oberfläche und einen im Kristallinnern gebundenen Teil - möglich ist. Die nach Desorption der an der Oberfläche gebundenen P-Menge gleichzeitig gelöste Fe-Menge entspricht der rechnerisch bestimmten Auflösung einer Fe-Lage der Oberfläche (spezifische Oberfläche nach dem BET- und EGME-Verfahren).

Durch halbstündige NaOH-Behandlung läßt sich nicht die gesamte gebundene P-Menge desorbieren. Die nicht desorbierbare Menge nimmt mit der spezifischen Oberfläche linear zu. Von diesem Zusammenhang weicht lediglich der Ferrihydrit ab. Der Vergleich der mit Hilfe unterschiedlicher Methoden bestimmten, im Innern der Oxidpartikel gebundenen P-Mengen (nach Gleichungssystem s.o. berechnet, mittels NaOH-Desorption bzw. Auflösung mit HC! bestimmt) ergab eine gute Ubereinstimmung. Lediglich bei der NaOH-Desorption muß mit einer P-Rückdiffusion gerechnet werden. Für verschiedene Kristalleigenschaften der Goethite und Phosphatadsorptionsparameter wurden Korrelationen ermittelt. Zwischen der BET- und EGME-Oberfläche, der Halbwertsbreite der (111)-Linie (HWB111), dem Logarithmus der Geschwindigkeitskonstanten der Goethitauflösung in HC! und der Differenz von gemessenem und berechneten Kristallwassergehalt der Oxide sowie der maximalen Adsorptionskapazität und der im Partikelinnern gebundenen P-Mengen waren die Beziehungen sehr eng (r² > 9O%).

Bei der Umrechnung der maximalen P-Adsorptionskapazität der im Innern der Goethite und des Ferrihydrites gebundenen P-Anteile auf einen Ap-Horizont (0 bis 30 cm) mit einem Fed-Gehalt von 1% ergeben sich Beträge abhängig von der Kristallinität zwischen 3 und 570 kg P.ha-1. Für Bodengoethite von meist geringerer Kristallinität sind dabei Werte von 80 bis 440 kg P.ha-1 eher zutreffend. Die Diffusion von Phosphat in Goethit- und Ferrihydritpartikel stellt einen wesentlichen Faktor für die mit zunehmender Zeit sinkende Verfügbarkeit von Phosphat in Böden dar. 

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